October 9, 2019 / erstellt am:  October 9, 2019
aufgefallen, gefallen, Fotografie, Performance

Lebendige Skulptur

Ehrlich gesagt, bin ich bei Performances oft peinlich berührt. Erwachsene Menschen, die in aller Ernsthaftigkeit sinnlose Aktionen ausführen, sind mir unangenehm. Wie so viele frage ich mich dann auch: Was soll das?

Aber bei dieser Performance wäre ich gerne dabei gewesen. Sie fand am 22. August 2015 in der Nähe des Dorfes Scuol statt und dauerte 3 Stunden. Am Ufer des Inn, inmitten der Engadiner Berglandschaft gelegen, bespielte das Zentrum für Gegenwartskunst der «Fundaziun Nairs» anlässlich eines Kunstwochenendes und Sommerfestes seine Baustelle und die Aussenräume mit ortspezifischen Interventionen, die vom Direktor Christof Rösch kuratiert wurden.

Ein Mann balanciert auf dem Dachfirst des neoklassizistischen Gebäudes der historischen Kuranlage und verwandelt sich in eine wasserspeiende Fontäne. In weitem Bogen fliesst das Wasser aus seinem Mund in die Mitte des Flusses. Ein waghalsiges Spektakel. Kaum zu glauben, dass dort ein wirklicher Mann aus Fleisch und Blut steht. «Der wesentliche Grund, weshalb ich dort oben stehe, ist, weil ich die Idee hatte, dort oben zu stehen» sagt der Schweizer Performance Künstler Heinrich Lüber. Er arbeitet seit vielen Jahren mit architektonischen Aussenräumen. In speziellen Kleidungen und mit Hilfe diverser, oft speziell gefertigter Requisiten führt der Künstler physisch-räumliche Eingriffe durch, die als «Bilder im Raum» dem Betrachter gegenübertreten. Ausserdem ist er Professor an der Hochschule der Künste in Zürich.

Auf etwas umständliche Art und Weise führt er das Wasser des ehemaligen Badehauses in den Fluss zurück. Im Badehaus wird nicht mehr gebadet, sondern Kunst ausgestellt. So meine Interpretation. «Lübers performative Bilder sind einfach, klar und in ihrer Vielschichtigkeit ebenso humorvoll, surreal und grotesk wie poetisch und tiefgründig» sagt die Kunst- und Kulturwissenschafterin Ursula Helg.

Da eine Performance immer zeitlich begrenzt und somit vergänglich ist, bleiben am Schluss nur Fotografien. Filmaufnahmen davon habe ich leider keine gefunden. Den richtigen Standort zum Fotografieren der Performance fand Samuel Rauber, bildender Künstler, Fotograf und Kulturvermittler. Durch den dunklen Hintergrund des Waldes und das Gegenlicht der Sonne wird die Wasserfontäne gut sichtbar.
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