September 11, 1988 / erstellt am:  January 12, 2008
Text, Musik, Synthesizer / Bewertung: 5

Projekt Synthesizer Musik

Bericht über unser Unterrichtsersatzprojekt in der Woche der mündlichen Matur 1988 im Wirtschaftsgymnasium Bern-Neufeld zusammen mit Martin Flury:

Der Aufbau des Equipments
Wir haben unsere Synthesizer schon seit ungefähr einem halben Jahr und können nun schon recht gut mit ihnen umgehen. Hinzu kam noch ein 16-spuren-Sequenzer, den wir zwar bedienen, jedoch nicht nicht vollständig ausnutzen konnten. Über ein gemietetes Mischpult, welches an der Stereoanlage angeschlossen war, kabelten wir also am Sonntag den 11. September unsere Geräte an und verkoppelten sie miteinander. Ebenfalls gemietet haben wir noch ein Mikrophon. Nachdem wir die Midiverkabelungsprobleme gelöst hatten und keine weiteren technischen Probleme auftauchten, konnten wir bereits am Sonntagabend beginnen. Über die Boxen ertönte zwar zuerst noch ein tiefes Brummen, welches vom Mischpult stammte, uns aber nicht sehr störte und woran wir uns mit der Zeit auch gewöhnten. Viel grössere Schwierigkeiten bereitete uns die Frage, wie wir denn nun überhaupt beginnen sollten. Bis jetzt hatte jeder für sich zu Hause experimentiert, Melodien und Töne entwickelt und nun mussten wir unsere Ergebnisse und Vorstellungen irgendwie zusammen und auf einen Nenner bringen, schliesslich wollten wir ja zusammen Musik machen. Zuvor hatten wir zwar abgemacht, dass immer einer abwechslungsweise bestimmen soll, was neu aufgenommen wird um zeitraubende Endlosdiskussionen zu vermeiden. Solche Arbeitsregeln mussten wir dann aber gar nicht einführen, da plötzlich alles wie von selbst sich entwickelte. Nachdem wir einwenig herumgeklimpert und einander bereits produzierte Sequenzen vorgespielt hatten, begannen wir mit dem ersten Stück.

Das erste Stück entstand
Martin nahm auf seinem Roland D-10 Synthesizer mit eingebautem Drumcomputer eine Rhythmusspur auf, die wir über den zehnten Midikanal auf den Sequenzer QX3 abspeicherten. Danach erfand ich auf meinem Ensoniq ESQ1 Synthesizer die erste Melodie und nahm sie auf die neunte Spur auf. Wir hatten die 16 Spuren so zugeordnet, dass die ersten 8 vom Roland D-10 und die letzten 8 vom Ensoniq ESQ1 bespielt werden konnten. Um eine weitere Spur auf den Sequenzer aufzunehmen, spielten wir die bereits gespeicherten Spuren ab und spielten neu dazu. Die entstandenen Spuren mussten jeweils benannt und editiert werden. Unter editieren ist hier die Eingabe der Tonnummer gemeint, so dass der Sequenzer weiss, welche Töne er anspielen muss.

Das erste Stück, welches noch recht zurückhaltend und weich (daher der Arbeitstitel «soft»)war, bestand nur aus sechs Spuren und war nicht besonders lang. Wir waren jedoch froh, dass alles so gut klappte gerade beim ersten mal, und uns beiden gefiel das erste Stück auch sehr gut. Wir nahmen es sogleich auf eine Kassette auf, wie alle folgenden Stücke auch.

Weitere Stücke entstanden
So arbeiteten wir jeden Tag an einem neuen Stück, manchmal reichte es sogar für zwei. Wir gaben jedem Stück einen provisorischen Arbeitstitel, den wir immer sehr spontan erfanden. Daher die zum Teil recht kuriosen Arbeitstitel wie zum Beispiel «Kopfweh» (die Originalversion machte einem wirklich Kopfweh) oder «Raclette» (das gab es am Freitag als Mittagessen). Der Beginn eines Stückes machte meistens die Schlagzeugspur, gefolgt von einer Basslinie, einer oder mehrerer Melodien, Soundteppichen und Geräuschen und Specialeffects (Meeresrauschen, Glockenschlag, Donner etc.)

Gross geplant hatten wir eigentlich nie. Wir arbeiteten einfach drauflos und machten immer das, was wir im Moment für richtig empfanden. Zu Endlosdiskussionen kam es nie, wir waren eigentlich immer recht tolerant und akzeptierten gegenseitige Änderungsvorschläge.
Im Nachhinein zu erklären, wie eine Melodie entsteht, ist noch recht schwierig: Wir spielten die Rhythmusspur ab, wählten einen beliebigen Ton und improvisierten dann einfach drauflos. Wenn eine zufällige Tonfolge besonders gut tönte nach persönlichem Empfinden, wiederholten wir sie, arbeiteten daran, erweiterten sie und feilten daran bis die fertige Melodie aufgenommen werden konnte. Wir waren manchmal so in unsere Arbeit vertieft, dass wir die Zeit beinahe vergassen. Diese verfloss auch extrem schnell. So kam es vor, dass wir bis zu 10 Stunden hinter den tasten standen und am Abend ganz schön geschafft waren. Und wenn wir mittags, abends oder zwischendurch eine Pause machten, liessen wir uns per Video, Platten oder CD von Prince, The Cure oder Phillip Boa beeinflussen oder genossen die Ruhe des Waldes auf einem Spaziergang mit der Hündin Nina.

Das Singen
Ja, eigentlich hatten wir vor zu unserer Musik auch zu singen und ich nahm darum paar selber gemachte gesammelte Songtexte mit. Dieses Vorhaben erwies sich jedoch als am schwierigsten. Wie bringt man einen Text zu einer Melodie oder umgekehrt? Wahrscheinlich mehr durch Zufall als durch Absicht fand Martin einen englischen Text, den ich im Juni 1986 schrieb und entdeckte, dass der vom Rhythmus her gerade zum aktuellen Stück passte. Durch kleinere Abänderungen und Erweiterungen, die wirklich sehr gut zur Musik passten und sogar eine eigene Melodie hatten. Mit dem Mikrophon sangen wir es dann im Duett auf die Kassette, allerdings gelang dies erst etwa im zwanzigsten Versuch, da wir zuvor immer lachen mussten, den Einsatz verpassten oder über Wörter stolperten. Wir waren jedenfalls froh, als das Stück «simple communication» auf der Kassette war. leider ist die Aufnahme nicht so gut, da das Mikrophon eigentlich nur ein Sprechmikrophon ist und irgendwie bemerkten wir auch, dass wir doch nicht so gut singen können. beim zweiten Stück mit Gesang machten wir es ganz anders. Der ganze Text ist spontan aus einer Blödellaune entstanden und darum sagten wir uns, dass wir es nur einmal aufnehmen, auch wenn wir lachen müssten. Ja, das mussten wir dann auch und so wurde der Song «Die Ausserirdischen» nicht so seriös, dafür aber lustig.
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