December 19, 1999 / erstellt am:  January 20, 2008
Casting, Abenteuer / Bewertung: 5

Nach dem ersten Casting

Natürlich ging alles viel zu schnell. Aber ich hatte nicht den, im voraus befürchteten Eindruck, dass ich mich zu wenig präsentieren konnte. Und es war wirklich so, dass ich als bekennender schwuler Mann aufgefallen bin. Ich sei der einzige gewesen, der das offen sagt und dadurch natürlich interessant wurde. Der Fragebogen fand ich beinahe noch schwieriger zum Ausfüllen, als das anschliesende Interview. Besonders schwierig fand ich folgende Fragen:
Was ist mir das Prsönlichste? Ich antwortete: meine Sexualität. Das finde ich jetzt eine banale Antwort, ist mir aber nichts Schaueres eingefallen. Wie weit würde ich gehen, um Robinson2000 zu werden? Ich antwortete: sehr weit, solange es fair bleibt. Diese Antwort finde ich nach wie vor gut.

Das Problem beim Fragebogen war, dass ich keine banalen Antworten geben wollte, obwohl die mir natürlich zuerst in den Sinn gekommen sind. Ich wollte ehrlich sein, dass musste ich auch, aber dennoch etwas witzig und speziell.

Was mach Dir Angst?
Ich antwortete: Krankheiten oder Unfälle. Nach wie vor eine gute Antwort, auch wenn sie banal ist.
Beschreibe in Stichworten Deinen Ideal-Partner? Ich antwortete: tolerant, humorvoll, gutaussehend.
Welche Eigenschaften sind vorteilhaft für Dich um Robinson zu werden? kontaktfreudig, neugierig, gradlinig
Welche Eigenschaften könnte hinderlich sein? meine Neugier.

Welche Fragen sind mir beim Interview aufgefallen?
Gehst Du als Schwuler oder als Robinson auf die Insel? Im Grunde als Möchte-gern-Robinson, der halt auch noch schwul ist. Warum habe ich so ein Mitteilungsbedürfnis? Ich habe festgestellt, dass je mehr ich von mir preis gebe, desto mehr kommt auch zurück. Macht mein Leben intensiver und spannender. Das Leben nach der Insel: Die Medien würden sich wohl noch mehr auf mich stürzen, weil ich schwul bin. Wie gehe ich damit um? Meine Antwort: Das glaube ich eigentlich nicht umbedingt. Aber es würde mir nichts ausmachen, da ich denke, dass ich mich schon abgrenzen kann. Ich habe dann auch erwähnt, dass ich ein Buch darüber schreiben würde, um meine Popularität auszunutzen. Ich weiss nicht, ob dies geschickt war, weil mir diese Idee ja sehr kurzfristig heute Morgen in den Sinn gekommen ist. Bei der Frage, die ich ja eigentlich erwartet habe, warum gerade ich, bin ich am meisten gestrauchelt. Weil der Interviewer sie so gestellt hat, dass ich ihn überzeugen soll, warum ich denke, dass ich für Robinson2000 geeignet bin. Ich habe meine persönlichen Gründe erwähnt von wegen eine Herausforderung und persönliche Grenzen kennenlernen und eben auch, dass ich als Schwuler beweisen will, dass Schwule keine Memmen sind, und psychischen wie physischen Strapazen widerstehen können. Seine Frage nach negativen Reaktionen habe ich geantwortet, dass ich nur schwierig bin, wenn ich Kopfschmerzen habe und mich dann halt etwas zurückziehen müsste. Der Kameramann fand ich übrigens geil. Eine weitere Frage war, ob ich mir vorstellen kann, mich auf der Insel zu verlieben. Ich habe verneint, weil ich in einer festen Beziehung bin und immer noch sehr verliebt. Am Schluss habe ich noch beigefügt, dass es mich schon Wunder nimmt, wie gross die Toleranz gegenüber Schwulen wirklich ist. Gerade bei Heteromännern ist es interessant, wie sie reagieren, wenn es wirklich persönlich wird. Ob ich mich für schwule Interessen politisch engagiere, musste ich verneinen, weil ich keine Zeit dazu habe und andere Sachen für mich wichtiger sind. Klar musste dann die Frage folgen, was mir denn wichtig ist und ich habe die Musical Company erwähnt und dass ich da auch schon Erfahrungen mit Castings bzw. Auditionen habe, allerdings nicht selber als Bewerber. Erfahrung selber vor der Kamera zu stehen habe ich nicht und es interessiert mich auch, wie ich darauf reagieren werde, wenn ich dauernd von Kameras umlagert bin.
Im Nachhinein hätte ich den Interviewer auch noch etwas fragen sollen, weil ich im Fragebogen geschrieben habe, dass ich neugierig bin. Aber irgendwie ging alles viel zu schnell und ich war zu stark auf mich selbst konzentriert. Es hätte mich nämlich schon interessiert, ob er selber auch bei so etwas als Teilnehmer mitmachen würde.

Tja, und jetzt heisst es wieder warten bis der telefonische oder briefliche Entscheid kommt.
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