June 22, 1992 / erstellt am:  December 4, 2008
Ausbildung, Grafikfachklasse, Aufnahmeprüfung, Schule für Gestaltung Luzern / Bewertung: 4

Prüfungsaufgaben für die Grafikfachklasse in Luzern

Aufnahmeprüfung in den Grundkurs für visuelle Kommunikation in Luzern
22. – 26. Juni 1992
Aufgabe 1 / Visuelle Wahrnehmung
Luzern besitzt, durch die geografische Lage beidseits der Reuss bedingt, etwa zehn Brücken, befahrbare und nur begehbare, Eisenbahn- und Autobrücken. Luzern ist also eine eigentliche Brückenstadt. Wählt für Euch eine Brücke aus. Diese Brücke ist das Objekt- resp. Das Archtekturthema dieses Tages.
Macht davon Skizzen, von der gesammten Form, von Details, von der Konstruktion, von den Ufern die sie verbindet, von der Farbe, vom Wasser das sie überspannt.
Eine Zeichnung sollte die ganze Brücke darstellen.
Technik: frei
Format: frei, jedoch nicht grösser als A3
Alle diese Skizzen werden auf den abgegebenen Papierbogen aufgezogen und werden am Donnerstag für eine andere Arbeit wieder verwendet.
Jede Arbeit mit Namen versehen.
Aufgabe 2 / Verbale Kommunikation
Dieselbe Brücke Eurer Wahl soll verbal beschrieben werden. Also gilt es auch hier, in irgendeiner Form, auch in einer sehr persönlichen, die Brücke formal, farblich, funktional und/oder emotional darzustellen, aber nur mit Worten, also keine Zeichnungen oder Fotos dazu. In gut leserlicher aber nicht zu grosser Handschrift auf A4-Format. Bei mehreren Blättern bitte Seiten nummerieren und auf der ersten Seite bitte mit Name versehen.
Arbeitsbesprechung:
Ich hatte am ersten Tag sehr Mühe mich zu motivieren und auch auf die gestellte Aufgabe zu konzentrieren. Mir fehlte die Geduld und die innere Ruhe aber auch den Power das ganze mit Pepp anzupacken. Die ziemlich viel offenlassende Formulierung der Aufgabe verunsicherte mich. Ich wusste nicht, was jetzt genau verlangt wurde. Schwierig war es für mich auch nach draussen abzeichnen zu gehen, da ich das vorher noch nie so richtig gemacht hatte. Ich war unkonzentriert und abgelenkt.
Die gemachten Skizzen der ausgewählten Brücke sind dementsprechend schlecht geraten, was sich dann auch als Handicap für die fortsetzende Arbeit erwies.
Auch der kurze Aufsatz ist mir nicht umwerfend gelungen, habe mir aber Mühe gegeben möglichst treffende Ausdrücke und poetische Formulierungen zu verwenden. Da ich zu Beginn mit den Skizzen ziemlich viel Zeit vertrödelte, kam ich gegen Ende in arge Zeitnot zum Schreiben des Aufsatzes.

Aufsatz:

Die Eisenbahnbrücke
Fest verankert auf zwei massiven Steinsockeln steht sie im fliessenden Wasser der Reuss – die Eisenbahnbrücke. Beinahe alle fünf Minuten braust mit dumpfem Getöse ein Zug über die matt grünliche Stahlkonstruktion, welche im Verlauf der Jahre leichten Rost angesetzt hat. Sie ist stets der Witterung, den Umweltbelastungen und dem Gewicht der Züge ausgesetzt. Die symmetrische Stahlkonstruktion ist in drei langgezogene Bogen unterteilt, welche durch Stützverstrebungen, die in Dreiecken angeordnet sind, zusammengehalten wird. Tausende von runden Nieten und Schrauben halten die Stahlteile zusammen. Schnörkellos und doch mit vielen kleinen Details, wie Leitern, Warnschildern oder Geländern versehen, hinterlässt die Brücke bei mir einen nostalgischen Eindruck. Wie lange mag sie wohl schon dastehen? Heute würde man eine solche Brücke sehr wahrscheinlich nur noch aus Beton bauen. Nur sehr schemenhaft spiegelt sich die robuste Eisenbahnbrücke im grünlich blauen Wasser.
Aufgabe 3 / Bildgestaltung – Farbe
Weil Steine gemeinhin als farblos gesehen werden, benützen wir sie heute als Objekte für ein Farb- und Kompositionsstudium.
Die drei mitgenommenen Steine sind für ein spannungsvolles Stilleben zu verwenden. Das endgültige Bild ist formatfüllend zu gestalten. Eventuell sind vorgehende Skizzen zur Komposition und Farbstudien zu unterschiedlichem Licht nötig.
Technik: farbig (Aquarell, Farbstifte, Kreiden usw.)
Format: A3
Aufgabe 4 / Objektstudium – Struktur
Nehmt einen beliebigen Stein und vertieft Euch in dessen Oberflächenstruktur.
Versucht diese mittels verschiedener Techniken zu interpretieren; es können dazu verschiedene Materialien und Bearbeitungstechniken angewendet werden, so verschiedene Papiere, Stoffe, bearbeitete Materialoberflächen, Collagen usw.
Auch wenn die Form des gewählten Steins beibehalten werden soll, ist es nicht so, dass diese als wichtiger Ausdruck dieser Arbeit gesehen werden soll, sondern die Beschaffenheit der Strukturierung der Oberfläche.
Technik: frei
Format: A3
Arbeitsbesprechung:
Trotz anfänglicher Zweifel war ich mit den Ergebnissen der Aufgabe 1 des zweiten Tages ziemlich zufrieden. Die drei Steine sehen wie Flusssteine aus, die vom Wasser und durch das Aneinanderreiben abgeschliffen wurden. Die Farbenwahl ist vielleicht etwas «süss» ausgefallen, aber das war uns ja wieder völlig frei gestellt.
Bei der Aufgabe 4 habe ich mehrere Varianten mit verschiedenen Strukturen gemacht und dann die besten vier ausgewählt und abgegeben. Da kam mir das Fach «Farbe II» zu gute, wo wir verschiedene Strukturen mit unterschiedlichen Techniken ausprobiert haben.
Obwohl ich auch an diesem zweiten Tag recht Mühe hatte, war ich am Schluss mit den Ergebnissen besser zufrieden als am Vortag.
Aufgabe 5 / 3-dimensionales Objekt
Unter den mitgebrachten Steinen ist mindestens einer der «Stein der Weisen», oder der «Stein des Anstosses», oder ein «Stein aus der Krone», oder ein «Stein der lieben Erinnerung», oder der Stein als «Corpus delicti» oder ganz einfach ein wertvoller oder wundersamer Stein.
Für diesen Stein (oder alle drei) wird eine entsprechende Verpackung gemacht, eine Schatulle, eine kleine Vitrine oder eine schöne, lustige oder auch triste Schachtel, in der der entsprechende Stein pur, oder auch verziert oder bemalt, einem Freund oder eine Freundin geschenkt und verschickt wird.
Material und Technik: frei
Format resp. Grösse: frei, jedoch nicht grösser als ca. 4 dm3
Arbeitsbesprechung:
Endlich war ich wieder in meinem Element und konnte «full power» drauflos entwerfen. Trotz einigen frapanten Überlegungsfehlern während der Arbeit (ich konnte den Stein gar nicht mehr aus der Verpackung herausnehmen) bin ich mit der Rohfassung meiner Miniaturskulptur ganz zufrieden gewesen. Blöderweise hatte ich dann noch die überflüssige Idee das Ganze mit schwarzem und weissem Papier zu bekleben, als Verzierung so zu sagen, was aber rein optisch ziemlich wild und konzeptlos ausfiel und auch «öffnungstechnisch» problematisch wurde, da ich die Masse zu knapp berechnet hatte und das Papier natürlich auch noch eine gewisse, wenn auch nur geringe Dicke hat. Und den Stein malte ich ordinär rot an und berücksichtigte in keiner Weise seine naturgegebene Struktur mit den weissen Adern. Auch die Materialbeschaffenheit des Kartons war sehr schön und harmonierte geradezu optimal zur Steinoberfläche. Aber nein, ich wollte noch mehr und habe dabei alles zerstört. Naja, so kann es einem ergehen. Im Nachhinein ist man bekanntlich immer schlauer und würde alles anders und vor allem viel besser machen.
Aufgabe 6 / Illustration
Die Brücken-Skizzen die am Montag gemacht wurden, werden für schwarz-weisse Umsetzungen verwendet. Diese 3-4 Zeichnungen sollen möglichst charakteristisch die entsprechende Brücke wiedergeben, als Ganzes und in Teilansichten.
Technik: schwarz-weiss
Format: Einzelne Zeichnungen etwa A4
Aufgabe 7 / Bild-Textgestaltung
2 oder 3 der obigen Illustrationen werden auf einer Doppelseite mit einem zur Verfügung gestellten Text kombiniert. Der ausgewählte Text kann etwas verkleinert oder auch vergrössert werden um der individuellen Seitengestaltung besser zu entsprechen. Bei Verkleinerungen muss der Text jedoch noch gut lesbar bleiben. Der Text kann beliebig neu geordnet und die Titel können beliebig vergrössert werden.
Technik: Klebemontage, Fotokopien, schwarz-weiss
Format: Seite A4, Doppelseite A3
Arbeitsbesprechung:
Da wir im Voraus nicht wussten wozu wir die Brückenskizzen verwenden werden und meine Skizzen so schlecht herausgekommen sind, hatte ich reichlich Mühe mit den schwarz-weiss-Umsetzungen. Ich hatte beim skizzieren zu wenig auf Licht und Schatten geachtet, was gut gewesen wäre. Ich sah aber, worum es ging bei dieser Aufgabe und werde es sicher später noch einmal versuchen, da es mich an und für sich sehr interessiert, weil da unter anderem auch durch optische Ergänzungen Linien entstehen, die gar nicht explizit vorhanden sind.
Ich versuchte diese schwarz-weiss-Umsetzungen auf verschiedene Arten aufs Papier zu bringen, entschied mich dann aber doch für die exakteste Version.
Aufgabenbesprechung:
Da meine schwarz-weiss-Umsetzungen nicht hervorragend herausgekommen sind, habe ich sie nur sehr kleinformatig weiterverwendet. Eigentlich wäre ja als Hintergrund nicht diese langweilige schwarz weiss Querunterteilung sondern eine A3 Vergrösserung eines Bildes vorgesehen gewesen. Da man aber beim Kopierapparat so lange anstehen musste, entschied ich mich für diese simplere Variante, die wirklich fad, langweilig und einfaltslos ist. Besonders wenn ich sie mit den Arbeiten von anderen verglichen habe, schnitt meine Variante schlecht ab. Aber auch das war eine Erfahrung, Reduktion auf das Einfache und Wesentliche ist schon gut und recht, wenn dabei aber eben die Spannung und Stimmigkeit nicht verloren geht.
Aufgabe 8 / Poster
Aus den abgegebenen Textbeispielen ist eines auszuwählen um damit einen Plakat/Poster-Entwurf zu gestalten. Es können dafür Kalligrafie, gezeichnete Schriften oder Typografien verwendet werden, die Schrift kann geschrieben, gemalt, gezeichnet oder mit vorhandenen Schriften aus Magazinen und Zeitungen gestaltet werden. Wichtig ist, dass das Plakative in der Gestaltung stark zum Tragen kommt. Es sind keine figurativen Elemente zu verwenden. Die Schrift muss lesbar bleiben.
Technik: frei
Format: A3

Arbeitsbesprechung:
Dies war mit Abstand meine beste Arbeit, obschon ich bedeutend früher abgegeben habe, da ich nach Basel musste. Es war zwar ein grosser Aufwand das ganze Alphabet in dieser speziellen Schattenschrift aufzuzeichnen, zu kopieren und dann die Sätze zu setzen, das Ganze wiederum zu kopieren, vergrössern und verkleinern und dann zu montieren. Ich hatte auch keine Ahnung wie diese Schrift überhaupt wirken wird, wie lesbar das Ganze in diesem Blocksatz ist und ob das Ganze nicht zu langweilig sein könnte, so rein typografisch. Im Nachhinein würde ich auch noch eine Kleinigkeit ändern, bei der ersten Version: Der rein braune Papierhintergrund mit einem gerissenen roten Papierstreifen ergänzen.
Die zweite Version ist sehr schnell noch entstanden, durch Durchzeichnen der ersten Version, was aber von Beginn weg beabsichtigt war. Ich bin mit beiden Varianten recht zufrieden und werde sehr wahrscheinlich noch weiter mit dieser Schattenschrift arbeiten, verfeinern, austüfteln, verbessern…
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