April 21, 1992 / erstellt am:  December 4, 2008
Ausbildung, Grafikfachklasse, Aufnahmeprüfung, Schule für Gestaltung Biel / Bewertung: 7

Hausaufgaben zur Aufnahmeprüfung in Biel

1. Halbton-Studie
- Falten Sie ein Papierflugzeug aus einem A4-Papier
- Stellen Sie das Flugzeug so ins Licht, dass die Hell-Dunkel-Werte optimal zur Geltung kommen.
- Beachten Sie, dass Sie genügend Einblick auf die verschiedenen Flächen haben
- Stellen Sie ihr Flugzeug im Massstab 1:1 in den folgenden Techniken das
1) lineare Zeichnung, Bleistift
2) Hell-Dunkel-Umsetzung mit verdünnter Tusche
3) Halbton-Zeichnung mit Bleistift oder Negro, wobei die Darstellung ausschliesslich aus Grautönen bestehen und keine linearen Formen enthalten soll
- Ausführung auf Papierformat 35 x 50 cm, quer
- Die Anordnung der 3 Interpretationen auf ein- und demselben Blatt ist ein wichtiger Bestandteil der Aufgabe
2. Illustrative Malerei
Interpretieren Sie den Inhalt des nachstehenden Gedichtes von Henri Michaux (geb. 1899)
Der grosse Kampf
Er greidolkt ihn und podartscht ihn zu Boden,
er rampft und rippert ihn bis zum Verdreucheln,
er wickullt und stauchöbt ihn und fluddert ihm die Hoduskeln;
er stibünet ihn, walzundet ihn,
mannackt ihn Rack auf Ritsche und Rick auf Ratsche.
Endlich entkorkoballistert er ihn.
Der andere zaudert, erschickert sich, wankelt, verrümpft sich, sackt ein.
Bald wird Schluss mit ihm sein;
er fängt sich und kantelt sich auf… doch vergebens –
Gestürzt liegt das Fass, das so lange gerollt.
Abrah! Abrah! Abrah!
Fuss gefangen!
Arm gebrochen!
Blut geflossen!
Wühl, wühl, wühl,
im Kessel seines Bauches ist ein grosses Geheimnis,
ihr Furien rings weint in die Taschentücher;
man staunt, staunt, staunt,
man schaut euch an:
wir alle, wir suchen das Grosse Geheimnis.
Material: Acrylfarbe, Gouache usw.
Format: 35 x 50 cm, quer

Überlegungen zur Illustration
- Schwierigkeit: Darstellung von Bewegung, Gewalt, Brutalität und trotzdem auch Witz, Ironie und Skurilität.
- 3 wesentliche Figuren:
1) der Angreifer: gross, schwarz, massig, in Bewegung
er muss grösser sein, als alle anderen Figuren
er ist gesichtslos, bleibt anonym
schwarz als Farbe des Bösen, Brutalen, Dominierenden
2) das Opfer: klein, kaum sichtbar, weiss unförmig
weiss als Farbe der Unschuld, Unbeflecktheit
3) die Zuschauer: abstrakte Wesen, staunende Furien
weitaufgerissene Augen und Mäuler
sollen schon etwas skuril wirken
- 6 Bilder um einen gewissen Ablauf darzustellen
immer mehr Blut von Bild zu Bild
Arbeitsbesprechung:
- schwarz-weiss-rot-Umsetzung wirkt dramatischer als die mehrfarbigen
- Variante 2: Bewegung des Kampfes kommt am besten rüber; Hintergrundfiguren mit Bleistift sind schlecht
- Variante 3: schwarze Angreiferfigur wirkt langweilig, immer etwas gleiche Stellung von Bild zu Bild
- Variante 4: abwechslungsreicher, spannungsvoller und lebendiger; gefällt mir am besten
3. Umsetzung
Das Wort «Chicago» ist im Sinne einer optischen Umsetzung (Visualisierung) darzustellen.
Der Charakter und die Stimmung «Chicago» soll durch die Form- bzw. Farbgebung der Lösung sichtbar werden. Dies kann in, um und mit der Schrift geschehen. Die Bedeutung des Begriffs «Chicago» wird einem Betrachter Eurer Arbeit also auch dann klar, wenn er nicht lesen kann.
Ausführung: z.B. Gouache, Tusche verdünnt, Aquarell, Farbstifte, farbige Papiere zum aufkleben usw.
Papierformat: 35 x 50 cm, quer
Überlegungen zur Chicago-Visualisierung:
- Überlagerung von 4 Bildebenen:
1) US-Flagge im Hintergrund (übertriebener Nationalstolz!)
2) Hochhausskyline (US-Stadt wie viele andere auch)
fensterlose Gebäude (Anonyme Architektur)
3) Totenkopf: morbide Athmosphäre, eher versteckt!
in den 20er Jahren grosse Schlachthöfe
hohe Kriminalitätsrate, Al Capone, US-Mafia
4) Schrift: «Techno»-Schrift; Industriestadt
Weiterführung der Schriftlinien in die Hochhäuserlinien symbolisiert den rechtwinkligen und gradlinigen Strassenverlauf von Chicago, wie auf dem Reissbrett vorgezeichnet.
- Farben: sehr dunkel, düster und unbunt
im Totenkopf drinn etwas aufgehellt
- exakte, flächige Umsetzung: kalte, symmetrische, anonyme Architektur
Schwarz-weiss-rot-Umsetzung
- Kontraste innerhalb und ausserhalb des Schädels sollen etwas stärker sein, damit der Schädel etwas besser sichtbar wird
- neuer Schriftzug, Auflockerung zu der sonst strengen Linienführung mit blutroter Farbe
Idee mit dem gradlinigen Strassennetz kommt sowieso nicht zur Geltung!
Arbeitsbesprechung:
schwarz-weiss-rot-Umsetzung gefällt mir besser, wirkt feiner. Schädel kommt besser zum Vorschein, wirkt düsterer und spannungsvoller
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