March 23, 2014 / erstellt am:  March 24, 2014
aufgefallen, gefallen, Kunst, Skulptur, Fotografie

The Making of «My White Knight»

von Scarlett Hooft Graafland
gefunden auf der Website der Galerie YOUS ETES ICI
Aus dem Niederländischen ins Deutsche übersetzt von Thomas P. Röthlisberger

Im Dezember 2011 habe ich die Fotografie «My White Knight» in der Salzwüste Salar in Bolivien gemacht. Ich hatte die Idee auf einem Lastwagen eine grosse Ladung Salz leicht aussehen zu lassen umgeben von einer unendlich weissen Fläche. Feuerwerksknaller, zusammengebunden und mit einer Lunte mitten in den Haufen gesteckt, schienen mir dazu geeignet. Einen Besitzer eines Lastwagens, der in der Salzwüste arbeitete und mit dem ich bereits andere Projekte realisiert hatte, war bereit mir zu helfen und seinen Lastwagen zur Verfügung zu stellen. Nachdem Rosendo einen grossen Berg Salz auf die Ladefläche geladen und wir einen schönen Platz in der Wüste gefunden hatten, machten wir einen ersten Versuch. Aber es gelang uns nicht, das Feuerwerk zu entzünden auch nicht mit einem benzindurchtränkten Lappen, den wir um die Knaller wickelten. Wahrscheinlich war die Ladung Salz noch zu nass.

So entstand die Idee, es mit Dynamit zu versuchen. Dynamit ist in Altiplano beinahe ein alltägliches Material, welches in den Minen neben Bohrmaschinen, Pickel und anderen Werkzeugen verwendet wird. Obwohl es illegal ist, kann man es auf der Strasse für ein paar Bolivianos und ein paar Euros kaufen.

Kürzlich sah ich im Kino in La Paz (der Hauptstadt Boliviens) den Dokumentarfilm «Todo las dias la noche» vom Schweizer Fotografen Jean-Claude Wicky. Mit beeindruckenden Bildern erzählt Wicky die Geschichte vom erbärmlichen Leben einiger Minenarbeiter in Bolivien. Er begleitete sie mehrere Jahre in den grossen Minenstädten Potosi und Oruro, wo die Arbeitsbedingungen so primitiv sind, dass sie einen ans Mittelalter erinnern. Ein sehr trauriger Film, aber sehr beeindruckend gemacht um die internationale Aufmerksamkeit auf diese akute Situation zu lenken.

Zurück zur Suche nach Dynamit. In der näheren Umgebung der Salzwüste war kein Dynamit zu kriegen. Wir versuchten es in der Mine von San Cristobal. Aber da diese im japanischen Besitz ist und strengere Regeln herrschten, war dies nicht möglich. Also auf nach La Paz. Eine Busreise von ungefähr 12 Stunden über holperige Sandwege war die einzige Möglichkeit.

Ein paar Tage später, mit einem Sack Dynamit, konnten wir es erneut versuchen. Ich brachte auch einige Sprühdosen mit weisser Farbe mit um den Lastwagen weiss zu färben, was mir für die Fotografie passender schien. Bei den ersten Versuchen hatten wir noch zu wenig Farbe dabei und konnten den ursprünglich blauen Lastwagen nur halb weiss färben, was Rosendo überhaupt nicht störte mit einem halb blauen und halb weissen Lastwagen einige Tage herumzufahren. Wir haben uns früh am Morgen an einem bestimmten Ort zum Treffen abgesprochen, weil dann das Licht am besten und am wenigsten Schatten unter dem Lastwagen vorhanden ist. Aber zur vereinbarten Zeit und am vereinbarten Ort ist Rosendo nicht erschienen. Wie sich herausstellte, wollte der Motor seines Lastwagens nicht starten. Handys haben hier keinen Empfang und auch sonst haben die wenigsten hier einen Telefonanschluss, so dass man persönlich vorbeigehen muss.

Zwei Tage später ein neuer Versuch und dieses Mal hat's geklappt. Sehr früh am Morgen fanden wir einen guten Platz und begannen vorsichtig mit dem Dynamit. Zuerst nur mit kleinen Mengen, aber die Explosionen waren nicht stark genug um das Salz weit in die Luft zu sprengen. Nach jedem Versuch musste das Salz wieder auf den Lastwagen geschaufelt werden. Ein zeitraubendes Unterfangen. Aber gegen neun Uhr hatten wir es. Mit einem prächtiger Knall flog das Salz in alle Richtungen - der perfekte «My White Knight».

Scarlett Hooft Graafland
 / Amsterdam, Januar 2012
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